Burnout: Häufig gestellte Fragen
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- Was ist überhaupt ein Burnout?
- Woher stammt der Begriff "Burnout"
- Ist Burnout eine neue Mode?
- Wieso beschäftigt uns Burnout gegenwärtig so sehr?
- Welche Beschwerden, welche Symptome haben Menschen, die an einem Burnout leiden?
- Sind das nicht alles Depressionen?
- Hat man im Burnout auch Angst?
- Gibt es Vorboten?
- Wie verläuft ein Ausbrennprozess?
- Schleichend oder dramatisch?
- Was sind die Ursachen?
- Wer ist besonders gefährdet?
- Burnout als Risikofaktor für organische Krankheiten?
- Ist man am Burnout selber Schuld?
- Wie kann man einen Burnout feststellen und welche Untersuchungen sind dazu erforderlich?
- Kann man Burnout messen?
- Weshalb wird Burnout oft erst spät erkannt?
- Wie lange dauert ein Burnout?
- Weshalb dauert es so lange, bis man wieder aus einem Burnout herauskommt?
- Was kann und sollte man selber tun?
- Wie sollten sich die Angehörigen verhalten?
- Was ist die beste Behandlung?
- Muss man „Burnout“ mit Tabletten behandeln?
- Wie verläuft eine berufliche Wiedereingliederung?
- Kann ein Burnout auch etwas Positives haben?
1. Was ist überhaupt ein Burnout?
Der Begriff kommt aus dem Englischen (to burn out), danach bedeutet Burnout 'ausbrennen' bzw. das 'Ausgebranntsein' und charakterisiert in der deutschen Übersetzung einen "Zustand der totalen Erschöpfung". Meine Position: Ich betrachte "Burnout" in einer engeren Fassung als Synonym für durch Belastungen in der Arbeitswelt auftretende psychische Störung. In einer weiteren Fassung dient der Burnout-Begriff als Metapher, als bildhafte Umschreibung für einen über eine längere Zeit (meist mehrere Jahre) verlaufenden Prozess des zunehmenden Energiedefizits, der bis in die zelluläre Ebene alle Körperbereiche erfassen kann.
Mit "Burnout" beschreibt man einerseits den Prozess eines fortschreitenden Energieverlustes und andererseits ein bestimmtes Stadium dieser Entwicklung. Hierbei wird meist an den Endzustand gedacht.
2. Woher stammt der Begriff "Burnout"
Der als Psychoanalytiker in New York arbeitende Deutsch-Amerikaner Herbert J. Freudenberger, selbst ein Betroffener, hatte 1974, in Anlehnung an die ausgebrannten Raketenstufen beim Weltraumflug, erstmals in der moderneren medizinischen Literatur den Begriff "Burnout" publiziert. Freudenberger stellte bei seinen Patienten, die überwiegend aus den helfenden Berufen stammten, häufig chronische Erschöpfung fest, die, wie er glaubte, durch zu viel Mitgefühl und enttäuschte Liebe entstanden waren. Freudenberger erklärte das Ausbrennen als eine Folge von Dauerbelastungen und Überforderungen, überzogenen Erwartungen, geringen Freiheitsgraden, Anspannung und Enttäuschung bei mangelnder Entspannung und Erholung.
Beim Burnout scheint gegenwärtig mit mehreren Bedeutungswandeln eine Inflation des Begriffes zu erfolgen, wie wir es bereits zuvor beim "Stress" beobachten konnten. Eine Arbeitsgruppe psychiatrischer Fachgesellschaften vertrat 2012 unter anderem den Standpunkt, dass der Gebrauch des Burnout-Begriffs gerade in Deutschland so expandiert ist, da hier, im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern, die seit 2004 existierende Sozialpartnervereinbarung zum Thema "Psychosozialer Stress am Arbeitsplatz" noch nicht umgesetzt worden ist. Der Begriff verbreitete sich so schnell, da er gewisse psychische Krankheitsentwicklungen charakterisiert und gesellschaftliche Entwicklungen ausdrückt. Er entspricht damit einem individuellen aber auch gesellschaftlichen Bedürfnis.
3. Ist Burnout eine neue Mode?
Das Burnout-Phänomen dürfte es zu allen Zeiten und in allen Kulturen gegeben haben, denn das Burnout-Syndrom entspricht per Definition weitgehend einer chronischen psychophysischen Erschöpfung. Damit überschneidet sich die spezifische und kürzere Geschichte des "Burnout" auch weitgehend mit der längeren allgemeinen Historie der "Erschöpfung". Das englische Verb "to burn out" erscheint bereits in Shakespeares Dramen. In der Bibel ist von "Elias Müdigkeit" zu lesen. In seinem "Buddenbrooks" beschreibt Thomas Mann sehr nachvollziehbar einen Ausbrennprozess am Beispiel des Thomas Buddenbrook.
Nach ICD - 10 (wie auch beim DSM - IV) handelt es sich beim Burnout um keine eigenständige Krankheit, sondern lediglich um eines der "Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung" unter der Zusatzbezeichnung 'Z 73 .0'. In Deutschland schreiben auch größere Ärztegruppen von der "Modediagnose" Burnout. Tatsächlich haben gesellschaftliche Faktoren zu der Verbreitung des Begriffes beigetragen.
4. Wieso beschäftigt uns Burnout gegenwärtig so sehr?
In den letzten Jahren haben in unserer Bevölkerung psychische Störungen - anhaltende chronische Erschöpfungszustände, psychosomatische Erkrankungen, Depressionen, "Burnout" - deutlich zugenommen. Die Zahlen und Statistiken beunruhigen. Der Trend ist erschreckend eindeutig. Die Entwicklung scheint, wenn auch in unterschiedlicher Intensität und Extensität, die entwickelten Industrienationen insgesamt zu betreffen.
Es wird von einer weiteren erheblichen Zunahme ausgegangen. WHO - Experten prognostizieren unter anderem, dass die Depression 2020 weltweit die häufigste Erkrankung überhaupt sein wird. Diese Entwicklung bewegt die Menschen in unserem Lande und ist, mit viel Irritationen und zahlreichen verwirrenden Informationen, Dauerthema in den Medien.
5. Welche Beschwerden, welche Symptome haben Menschen, die an einem Burnout leiden?
Die Symptomatologie der von Burnout betroffenen Menschen ist außerordentlich vielfältig. Matthias Burisch (vierte Auflage, 2010,) hatte aus 202 Veröffentlichungen eine Symptomenliste zusammengetragen und diese in sieben Cluster unterteilt. Kaschka und Mitarbeiter komprimierten diese in:
- Warnsymptome der Anfangsphase
- reduziertes Engagement
- emotionale Reaktionen; Schuldzuweisung
- Abbau
- Verflachung
- psychosomatische Reaktionen
- Verzweiflung
Die bis zum Burnout erschöpften Menschen leiden vor allem an mentaler und körperlicher Müdigkeit sowie Niedergeschlagenheit, oft jedoch kombiniert mit Anspannung, Angst, Nervosität, Reizbarkeit und einem ausgeprägten Gefühl des Krankseins. An körperlichen Symptomen findet sich die gesamte mögliche Palette der somatoformen Störungen mit Kopf-, Schulter-, Nacken- und Kreuzschmerz, allgemeinem Gliederschmerz Herzkreislauf-, Magen-Darm-Beschwerden usw., aber auch Hörsturz, Tinnitus usw.
6. Sind das nicht alles Depressionen?
So argumentieren leider auch prominente Psychiater. Erschöpfungsmerkmale sind zwar gleichermaßen Kardinalsymptome von Burnout und Depression, es ist jedoch nicht korrekt, beide als eine Krankheitseinheit zusammenzufassen. Mit einem moderneren Methodensetting bestehend aus Neurohormonuntersuchungen, Zustandsmessungen des autonomen Nervensystems und Fragebogentests lassen sich Depressionen vom Burnout zunehmend besser abklären. In den Endstadien des „Burnout“ kann auch eine Depression vorliegen. Aus unserer Erfahrung und unserer Perspektive ist „Burnout" nicht mit einer Depression identisch.
Die im Zusammenhang mit Burnout zu findenden Depressionsformen entsprechen am ehesten einer "Stressdepression" auf der Basis einer neurotischen Depression, wie sie in früheren Psychiatrischen Klassifikationssystemen enthalten war.
7. Hat man im Burnout auch Angst?
Ja, Angst haben wir alle. Was sind das für Ängste? Es können sehr unterschiedliche Ängste sein: die Angst vor dem Ungewissen, gepaart mit Ohnmacht, die Angst, die Kontrolle zu verlieren. Man hat doch immer funktioniert. Die Angst, nicht wieder die bzw. der Alte zu werden, die Angst um den Arbeitsplatz oder den Platz im Team. Die Angst um Imageverlust, wohl besonders ausgeprägt bei Prominenten und Sportlern. Weitere Ängste: Angst vor dem Versagen, Angst vor dem Makel der Therapie, Angst, organisch krank zu sein …. Dies ist nur eine kleine Zusammenstellung aus meiner eigenen Praxiserfahrung.
8. Gibt es Vorboten?
In den Jahren 1985-87 hatten wir, vorrangig bei ärztlichen Kollegen und beim Pflegepersonal, Frühsignale, wie wir es damals formuliert hatten, gesammelt. Diese oft widersprüchlichen Vorboten stimmen weitgehend mit den in der heutigen Literatur zu findenden Signalen überein.
Dabei kann es sich handeln um: einen Widerwillen, zur Arbeit zu gehen, Versuche, Zeit zu schinden, Freude über ausgefallene Termine und Sitzungen, während der Arbeit ein häufiges 'Auf die Uhr schauen', man ist schon vor der Arbeit und dann auch während der Arbeit zu müde, zunehmende Unlust, Gefühle von latentem Ärger und Frust, Gefühle des Versagens, Ärger, Mutlosigkeit und Zweifel an der eigenen beruflichen Tüchtigkeit, das Verschieben von Kontakten, weil man mal wieder keine Zeit hat, weil anderes wichtiger ist, kein Interesse an Gesprächspartnern. Klienten oder Patienten werden als Belastung erlebt, zunehmende Intoleranz, Anfälligkeit für Infekte, Erinnerungs- und Konzentrationsprobleme, Schlafstörungen. gesundheitliche Probleme wie Kopfschmerzen, Magen-Darm-Probleme, Herzdruck, Bluthochdruck nehmen insgesamt zu und werden dauerhaft. Der Griff zum Alkohol und zur Tablette wird häufiger, manche Ärzte spritzen sich auch selbst!
Keine Zeit mehr für Freunde, Familie, Hobby.
9. Wie verläuft ein Ausbrennprozess?
Das Ausbrennen verläuft immer prozessual. Meist lassen sich mehrere Phasen finden. In wissenschaftlichen Literaturen zum Burnout-Prozess wird zwischen 2 bis 14 unterschiedlichen Phasen unterschieden. Die wesentlichen Schritte auf diesem Weg lassen sich charakterisieren mit:
- Enthusiasmus
- Stagnation
- Frustration
- Apathie
- Burnout
Die genannten Etappen entsprechen grundsätzlich auch meinen Erfahrungen.
10. Schleichend oder dramatisch?
Sehr unterschiedliche Verläufe sind möglich. Die einen brennen fast kontinuierlich, für sich selbst und andere unbemerkt, über mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte aus. Irgendwann wundern sie sich, dass "nichts mehr geht". Andere begreifen auch erst im Nachhinein, was ihnen da so passiert ist, was sie sich selber angetan haben. "Nach dem Hausbau sollte ich eine Depression gehabt haben". "1996 wurde ich wegen meiner Gangstörungen in eine neurologische Klinik eingewiesen, aber da konnte man auch nichts finden."
Kann man plötzlich in einen Burnout geraten? Man kann auch "ganz plötzlich" abstürzen. Diesem scheinbar plötzlichen Absturz ist aber immer schon ein längerer Prozess vorausgegangen, der sich dann zuletzt krisenhaft zugespitzt hat. In einer derartigen Situation kann ein scheinbar banaler Auslöser der berüchtigte Tropfen sein, der den Krug zum Überlaufen bringt.
11. Was sind die Ursachen?
Obwohl zunehmend häufiger diagnostiziert, gibt es zum Burnout weder eine allgemein akzeptierte Definition, wie erwähnt, noch einen Konsens über die Ursachen. Nach Ansicht der meisten Autoren liegt die Ursache für die bei vorher psychisch gesunden Personen auftretende komplexe Krankheitsentwicklung definitionsgemäß überwiegend in der beruflichen Tätigkeit.
Matthias Burisch, einer der renommiertesten Burnout-Forscher, benutzt ein Zwiebelmodell (Abbildung), um die vielfältigen Ebenen (Schalen) aufzuzeigen, in denen Burnout-Prozesse ausgelöst werden, die sich gegenseitig beeinflussen oder verstärken können. Er unterteilt in folgende Ebenen: global, gesellschaftlich, institutionell, zwischenmenschlich, individuell. Er unterscheidet weiter, nach der Gewichtung von Persönlichkeits- und Umweltfaktoren. Beim "aktiven" Burnout, dem "Selbstverbrenner" dominieren die inneren Faktoren. Beim "passiven" Burnout, dem "Fremdverbrenner" ist der Betroffene "Opfer der Umstände".
Wesentliche Bedingungen für die vorrangig durch die
Arbeitswelt verursachten psychischen Störungen scheinen immer komplexer werdende gesellschaftliche
Prozesse, weiter erhöhte Arbeitsanforderungen mit Verdichtung
und Beschleunigung, zunehmende globale Vernetzung und
allgemeiner Verunsicherung zu liegen. Aus den zum Thema in den
letzten Jahren publizierten wissenschaftlichen Arbeiten wird die
Bedeutung von chronischem Stress am Arbeitsplatz für ein erhöhtes
Erschöpfungsausmaß ersichtlich.
Die Faktoren hierfür sind besonders übersichtlich in der Gratifikationsdefizittheorie zusammengefasst. An dem in der Regel komplexen Bedingungsgefüge sind meist aber auch mangelnde soziale oder emotionale Unterstützung, familiäre Konflikte oder traumatische Ereignisse beteiligt. Persönlichkeitsspezifische "Stressverstärker", meist bereits in der Kindheit erworbene Muster bzw. Schemata im Denken, Erleben und Verhalten, scheinen bei den meisten Burnout-Entwicklungen wesentlich beteiligt zu sein, dies gemäß dem Slogan, dass man erst einmal gebrannt haben muss, um dann auszubrennen. Arbeitslosigkeit kann ebenfalls zu burnout-ähnlichen Zuständen führen.
In den letzten Jahren publizierte wissenschaftliche Untersuchungen legen nahe, dass über die Neurostresshypothese wesentliche Erkenntnisse und Differenzierungen möglich sind.
12. Wer ist besonders gefährdet?
Gibt es besonders gefährdete Personen? Diese Frage lässt sich zweifellos bejahen. Hier spricht man neuerdings von persönlichkeitsspezifischen "Stress-Verstärkern". Gemeint sind beispielsweise Menschen die - anderen alles recht machen wollen, besonders genau und korrekt sind, immer 120% bringen wollen (unlängst sprach jemand in meiner Sprechstunde von 1000 %!!), übersensibel jede Information auf die Waagschale legen, nicht abschalten können, emotional instabil sind und Körpersignale nicht rechtzeitig wahrnehmen können.
Vermehrt burnoutgefährdet ist man aber auch, wenn man bereits an einer chronischen Krankheit, wie generalisierten Ängsten, chronischem Schmerz oder posttraumatischen Belastungsstörungen leidet und aus diesen Gründen bereits einen erhöhten Spannungspegel aufweist.
13. Burnout als Risikofaktor für organische Krankheiten?
Burnout kann sehr wohl das Auftreten oder Wiederauftreten von körperlichen Erkrankungen, wie Bluthochdruck, Herzinfarkt, Hörsturz, Tinnitus, oderpsychischen Störungen wie Depressionen und Angstzuständen oder Abhängigkeitserkrankungen Sucht, zum Beispiel Alkoholismus begünstigen.
14. Ist man am Burnout selber schuld?
Das hat sich schon mancher Betroffene gefragt. Wir sollten hierbei nicht von Schuld sprechen, denn kaum jemand ruiniert sich jahrelang vorsätzlich in einem Selbstverbrennungsprozess.
Wenn man jedoch die Frage nach dem "Eigenanteil" stellt, dann wäre diese zumindest bei den so genannten "Selbstverbrennern" anteilig zu bejahen. Wir verweisen hier auf den Fragenkomplex zu den Risikofaktoren.
15. Wie kann man einen Burnout feststellen und welche Untersuchungen sind dazu erforderlich?
Chronische Erschöpfungszustände (Burnout) erfordern meist eine sehr umfassende organmedizinische Diagnostik. Diese umfasst in der Regel:
- eine ausführliche medizinische Anamnese und körperliche Untersuchung beim Hausarzt
- Fachärztliche Diagnostik beim Internisten oder Nervenarzt
- apparativ-technische Untersuchungen wie EKG, EEG, Ermittlung der Herzratenvariabilität
- Blut- und Urinuntersuchung einschließlich Bestimmung der Stresshormone und Neurotransmitter.
Das Spektrum der erforderlichen Maßnahmen wird wesentlich von den Symptomen, den Krankheitszeichen, bestimmt, deren Ursache abzuklären ist. Danach folgt die psychosoziale Diagnostik mit
- biografischer Anamnese, Exploration, Verhaltensanalyse usw. sowie
- psychologischer Testdiagnostik.
Die vorstehenden Erkenntnisse werden in einer mehrdimensionalen Diagnose zusammengefasst. Diese beinhaltet Überlegungen
- zur Krankheitsentstehung
- zu Haupt- und Zusatzerkrankungen
- zur Persönlichkeitsstruktur einschließlich spezifischer Stresssensitivitäten und stressbegünstigender Schemata
- zur psychosozialen Konstellation mit wesentlichen Konflikten in vitalen Lebensbereichen wie Beruf, Familie, Partnerschaft, Gesellschaft
- zur körperlichen Disposition mit "Schwachstellen" bzw. manifesten körperlichen Erkrankungen.
Zusätzlich zur negativen Diagnose, die die hervorstechenden Störungen umfasst, sollte möglichst auch eine positive Diagnose mit den Stärken und Ressourcen erstellt werden.
16. Kann man Burnout messen?
Gegenwärtig kann man einen Burnout-Zustand nicht exakt messen. Die somatischen Verfahren, insbesondere die Neurohormonuntersuchungen, sind noch nicht ausgereift. Bisher wird ein Burnout-Zustand meist mit "Selbstbeurteilungs-Instrumenten" gemessen, bei denen eine Person sich selbst nach unterschiedlichen Kriterien und diversen Schwierigkeitsgraden einschätzt. Dies ist in mehrfacher Hinsicht problematisch.
Bekanntlich existiert keine exakte Definition des „Burnout“. Worauf soll man sich also beziehen?
Die mit diesen Inventaren ermittelten Stichproben können auch nicht als Bezug benutzt werden. Den ersten und auch noch am häufigsten benutzten diesbezüglichen Fragebogen entwickelten die Sozialpsychologin Christina Maslach und ihre Mitarbeiterin Susan Jackson. Sie fragten sich, welche psychologischen Mechanismen Menschen einsetzen, um intensive emotionale Belastungen zu bewältigen, denen sie im Rahmen ihrer Arbeit ausgesetzt sind. Das Maslach-Burnout-Inventar (MBI) besteht in der ersten Fassung aus 22 Fragen, die in die folgenden drei Skalen gegliedert sind:
- emotionale Erschöpfung
- Depersonalisation
- persönliche Leistungsfähigkeit
90% aller wissenschaftlichen Arbeiten beziehen
sich inzwischen auf dieses, verschiedentlich modifizierte, Inventar.
Mehrere, weiter zur Messung des "Burnout“ konzipierte Fragebögen
basieren auf diesem Ursprungsinventar.
Etwas später entwickelten Pines und Mitarbeiter das 'Tedium Measure' (TM). Die "Überdruss-Skala", wie das Messinstrument auch genannt wird, weist 21 Items auf, die nur hinsichtlich ihrer Häufigkeit zu beantworten sind. Die Hauptkomponenten von Burnout, körperliche, emotionale und geistige Erschöpfung werden in dem Fragenkatalog mit sieben Skalen von "niemals" bis "immer" dargestellt.
Im deutschsprachigen Raum kommt vermehrt das 'Arbeitsbezogene Verhaltens- und Erlebnismuster' (AVEM) zum Einsatz. Der zu jener Zeit an der Potsdamer Universität lehrende Psychologe Schaarschmidt hatte mit dem AVEM ein Konzept verfolgt, bei dem neben der subjektiv erlebten Belastung (Burnout) auch erfolgreiche Bewältigungsformen erfasst werden. Die elf Dimensionen lassen sich drei Inhaltsbereichen zuordnen: Arbeitsengagement, erlebte Widerstandskraft gegenüber Belastungen sowie Emotionen. Dieses Verfahren ermöglicht die Zuordnung eines Probanden zu vier Typen der Stressbewältigung.
17. Weshalb wird Burnout oft erst spät erkannt?
Man hat einen Burnout-Zustand wegen seiner potenziell unterschiedlichen Gesichter auch schon mit einem Chamäleon verglichen. Die Symptome, die Krankheitszeichen, können durch sehr unterschiedliche körperliche und psychische Erkrankungen verursacht sein. Es bedarf deshalb einer kompetenten und umfassenden Diagnostik, die gleichermaßen die körperlichen und psychosozialen Aspekte der komplexen Störung erfasst. Ein derartiges Vorgehen setzt umfassendes Fachwissen voraus. Da die Ärzte in der Regel mehr auf organische Erkrankungen oder psychische Leiden spezialisiert sind, ist für die ganzheitliche Diagnostik meist eine interdisziplinäre Kooperation erforderlich, d.h., Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen, bzw. Diplom-Psychologen, müssen zusammenarbeiten und sich im Interesse des Patienten detailliert abstimmen. Mangelnde Kooperation der Fachrichtungen ist oft ein wesentlicher Faktor für die erschwerte und verzögerte Erfassung eines Burnout Geschehens.
18. Wie lange dauert ein Burnout?
Menschen können in mehreren Jahren, mitunter auch in einem ganzen Jahrzehnt, wenn man zum Beispiel an chronische Berufs- oder Partnerkonflikte oder Pflegesituationen denkt, ausbrennen. Wenn ein Zustand eines großen Energieverlustes, einschließlich organischer Schädigungen vorliegt, kann es auch Jahre dauern, bis der Mensch sich wieder ausreichend stabilisiert. Das ist die erschreckend realistische Information!
19. Weshalb dauert es so lange, bis man wieder aus einem Burnout herauskommt?
In fortgeschrittenen Stadien des Burnout-Prozesses kommt es als chronischer Stressfolgezustand oft zu sehr erheblichen psychischen und organischen Beeinträchtigungen. Diese reichen weit bis in die Abwehrlage, den Immunstatus, und die zelluläre Ebene.
Eine Behandlung dieser oft sehr chronifizierten und auf verschiedenen Ebenen und nach unterschiedlichen Gesetzmäßigkeiten ablaufenden Veränderungen ist schon aus diesen Gründen schwierig und langwierig. Ein wesentlicher Arbeitsschwerpunkt bei der Behandlung besteht in der Veränderung der persönlichkeitsspezifischen Stressdispositionen. Diese sind meist in der Kindheit erworbene Muster und Schemata, die die Wahrnehmung, das Denken, das Fühlen und das Verhalten umfassen. Diese Schema-Veränderung ist oft kompliziert, waren doch die jetzt contra produktiven und als Stressverstärker wirkenden Muster ("Ich muss immer der Beste sein", "Ich darf keine Schwäche zeigen", "Ich muss doch für alle da sein ..." ) in früheren Jahren hilfreich. Sie sind auch heute in unserer Kultur positiv besetzt.
Ein anderer Aspekt ist die Berufssphäre. Bei den meisten Betroffenen lassen sich die einen burnoutauslösenden Arbeits- und Lebensbedingungen kaum oder nur unzureichend verändern. Wir denken zum Beispiel an eine im Discounter tätige allein erziehende Mutter oder an eine alte Frau, die ihren von der Alzheimer-Krankheit betroffenen Ehemann betreut.
20. Was kann und sollte man selbst tun?
Auf die Signale von Körper und Seele hören! Die Störung akzeptieren! Hilfe suchen und annehmen! Eine Auszeit nehmen! Mit fachkompetenter Unterstützung oder gemeinsam mit verständnisvollen Partnern und wohlwollenden Freunden die Ursachen finden und die Konsequenzen ziehen! Dies könnte auch bedeuten, sich in eine oft länger dauernde Psychotherapie zu begeben. In einem derartigen Therapieverlauf bildet eine stationäre psychosomatische Rehabilitation ("Kur") oft einen wesentlichen Baustein. Ein Burnout kann auch ein Anstoß sein, grundsätzlich beruflich umzusteigen. Beispiele hierfür finden sich in größerer Zahl in der Literatur wie auch in den aktuellen Medien.
21. Wie sollten sich die Angehörigen verhalten?
Verständnisvoll. Den Druck herausnehmen, Hilfe anbieten, fachkundige Unterstützung organisieren. Im Burnout Portrait-Projekt BOPP berichten Betroffene und Angehörige über ihre diesbezüglichen Erfahrungen.
22. Was ist die beste Behandlung?
Eine komplexe Störung wie ein Burnout erfordert auch eine komplexe Therapie. Die Komplextherapie beinhaltet in der Regel Elemente und Methoden aus der Pharmakotherapie, der Physio- und der Bewegungstherapie sowie der Psychotherapie. Bei einer Burnout-Entwicklung hat sich folgende Kombination bewährt: Ein für den betroffenen Patienten sorgsam ausgewähltes Antidepressivum, eine kognitive Verhaltenstherapie, achtsamkeitsbasierte meditative Techniken und Herzintelligenzmethoden sowie Methoden aus dem inneren und äußeren Qigong.
Ein wesentlicher Arbeitsschwerpunkt besteht in der Veränderung der meist in der Kindheit erworbenen Muster und Schemata, die die Wahrnehmung, das Denken, das Fühlen und das Verhalten umfassen. Diese Schema- Veränderung ist schwierig und langwierig, waren doch die jetzt contraproduktiven und als Stressverstärker wirkenden Muster ("Ich muss immer der beste sein", "Ich darf keine Schwäche zeigen", "Ich muss doch für alle da sein.") in früheren Jahren hilfreich. Sie sind auch heute in unserer Kultur positiv besetzt.
Bei einer sehr schweren Störung oder behandlungsbedürftigen organischen Erkrankung oder einem sehr belastenden häuslichen Milieu kann der Aufenthalt in einer psychosomatischen Klinik helfen (Rehabilitation).
23. Muss man „Burnout“ mit Tabletten behandeln?
Ein Burnout-Zustand ist eine sehr komplexe Störung, meist einschließlich mehrerer Begleit- und Folgekrankheiten. Er bedarf deshalb auch einer komplexen Therapie mit einer Kombination von Pharmako-, Physio-, Sport- und Psychotherapie. Die zum Einsatz kommenden Medikamente richten sich nach den zu behandelnden Störungsbildern.
Depressive Störungen, Ängste, Schmerzen, Funktionsstörungen innerer Organe (z.B. von Magen-Darm- Trakt oder Herz - Kreislaufsystem) erfordern auch eine medikamentöse Therapie. Beim Burnout werden als Psychopharmaka oft Medikamente gegen das depressive Syndrom oder die Angststörungen eingesetzt. Hier gilt das Prinzip: als Brücke und nicht als Krücke; meist wird jedoch ein mittellanger Weg daraus. Psychopharmaka ermöglichen oftmals erst eine effektive Psychotherapie.
24. Wie verläuft eine berufliche Wiedereingliederung?
In der Bundesrepublik existieren diverse Wiedereingliederungsmodelle und Programme. Das bekannteste ist das sog. "Hamburger Modell". Bei erkrankten Arbeitern und Angestellten kann über diesen Modus eine stufenweise Wiedereingliederung erfolgen. Dazu ist erforderlich, dass sich der behandelnde Arzt bzw. der Betriebsarzt, der Betrieb und die Krankenkasse verständigen. Der Langzeiterkrankte kann dann zum Beispiel zunächst mit zwei oder vier Stunden beginnen und über einen Zeitraum von mehreren Monaten allmählich seine Vollzeittätigkeit wieder aufnehmen. Für Beamte existieren so genannte Wiedereingliederungsmanagements.
25. Kann ein Burnout auch etwas Positives haben?
Im Kaukasus hat mich einmal eine kluge Frau gelehrt, dass jedes Schlechte auch etwas Gutes beinhaltet, wenn dies auch nicht immer offensichtlich ist.
Seit jener Zeit bemühe ich mich, auch in widrigen Situationen etwas Positives zu finden. Wenn auch das nicht gelingt, bleibt zumindest die Einstellungsänderung, ein Perspektivenwechsel. Können die Probleme als Herausforderungen gesehen werden. Dazu kann man sich beispielsweise fragen:
- Was lehrt mich das?
- Was kann ich daraus lernen?
- Welche Chance liegt in der Krise, in der Situation?
Denn: Eine Krise beinhaltet immer auch eine Chance.
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